Mittwoch, 30. Juli 2008

Die Stunde der Lobbyisten

Triumph für die Raucher: Das Verfassungsgericht erklärte heute die Nichtraucherschutzgesetze von Baden-Württemberg und Berlin als unvereinbar mit dem Grundgesetz. Damit hat sich das monatelange Gegeifer der Dehoga, die unermüdliche Wühlarbeit halbseidener Lobbyisten und so manche Medienkampagne bezahlt gemacht: Bis auf weiteres dürfen Raucher sich in Eckkneipen wieder ordentlich die Lunge teeren und alle anderen Gäste fröhlich daran teilhaben lassen. Dieses Urteil ist ein Trauerspiel.

Von mir aus kann jeder seinen Lungenkrebs füttern, wie er es möchte, aber hier geht es um die Gesundheit anderer Menschen. Dass Passivrauchen gesundheitsschädlich ist, stellt heute kein seriöser Mediziner mehr in Frage. Vor dem Verfassungsgesicht kam aber unter anderem ein gewisser Gerhard Scherer zu Wort, der dies leugnete - kein Wunder, wird dessen Forschungsinstitut doch von der Tabakindustrie geschmiert gesponsert wird. Ebenso ist das gebetsmühlenartig wiederholte Szenario eines drohenden Kneipensterbens durch Umsatzrückgänge durch eine ganze Reihe von Auslandsstudien längst widerlegt worden. Dennoch gab Karlsruhe den Klägern recht, dass das Rauchverbot geeignet sei, ihrem Geschäft zu schaden. Und wer das Rauchen in der Kneipe mit dem Genuss von Alkohol gleichsetzt, macht sich ohnehin argumentativ lächerlich - darf sich jetzt aber dennoch als Gewinner fühlen.

Ein Triumphzug von gewissenlosen Tabakstrategen. Denn auch wenn es hierbei erst einmal um Einraumkneipen geht: der erste Hammerschlag ist getan, und die Zigarettenindustrie und ihr Büttel namens Dehoga werden keine Ruhe geben, bis jegliche Form von Rauchverbot Geschichte ist. Und jeder Tabaksüchtige, der sich demnächst wieder am Tresen genüsslich eine Fluppe ansteckt, darf sich freuen, dass ihm dieses Recht von rückgratlosen Widerlingen erstritten worden ist, die sich nicht nur an seiner Sucht dumm und dämlich verdienen, sondern denen über 3.000 Passivrauchopfer pro Jahr scheissegal sind. Wohl bekommt's.

Ich würde mir wünschen, dass sich die Deutschen einmal über andere gewichtige politische Fragen so massiv aufregen wie über das Rauchverbot. Deutschland führt Krieg in Afghanistan, die Union verwehrt den Bürgern die Zusicherung eines Mindestlohns, von dem man leben kann, und spielt mit dem atomaren Feuer. Aber wofür Deutsche wirklich erbittert kämpfen, ist ihr Recht, die Gesundheit anderer zu ruinieren.

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