Montag, 20. April 2009

Pardon wird nicht gegeben, Gefangene werden nicht gemacht

Schon wieder ist ein deutsches Schiff in der Hand somalischer Seeräuber, dieses Mal sogar mit deutschen Besatzungsmitgliedern und nicht bloß ausgemergelten philippinischen Billigmatrosen. Zwar sind die Geiseln trotzdem ins mediale Hintertreffen geraten, da sie wie alle anderen gegen den heldenhaften US-Kapitän - dessen Heldenhaftigkeit offenbar im Wesentlichen aus seiner Nationalität erwächst - den Kürzeren gezogen haben. Dennoch ist das Maß nun offenbar voll: Ab demnächst wird zurückgeschossen! Die Bundesregierung mag nicht mehr als hasenfüßig gelten. Dies verkündete Hans-Peter Uhl (CSU), dessen Wutschlagader sich sonst eher dann kurz vorm Platzen befindet, wenn er am Abkassieren gehindert wird.

Wie sehr sich der Möchtegern-Nelson in die Brust geworfen hat, liest sich am besten im O-Ton auf Spon: "'Bei Piratenangriffen kann es nur eine richtige Antwort geben: Die Schiffe der Seeräuber müssen auf hoher See unverzüglich versenkt werden', sagte Uhl. Die Marine müsse endlich ihre Bordwaffen einsetzen, mit weiterer Zaghaftigkeit 'macht sich der deutsche Staat nur lächerlich'". Die Idee eines internationalen Gerichtshofs bezeichnet Uhl hingegen als "Nebelkerzen". Es bräuchte Jahre, ehe ein solches Gericht eingerichtet wäre. "Um der Piraterie Einhalt zu gebieten, sind aber rasche Lösungen gefragt." Erst schießen, dann fragen; und Kredit gibt's nur für Gehängte. Er hätte es auch kürzer fassen können: "Angriff - Ran - Versenken!" Dieser Spruch stammt von Karl Dönitz und klingt irgendwie genauso wie die Uhl'sche Gewaltfantasie.


Ich sage: Jawoll! Richtig so! Zeigen wir der Räuberbande, wo der Hammer aus Kruppstahl hängt! Schon der olle Willem Zwo wusste auf diese Art ordentlich Tacheles zu reden. Auf dass nie wieder ein Somali wage, einen Deutschen auch nur scheel anzusehen!

Das Problem ist jedoch, dass der Umstand, dass es sich beim Feind um bitterarme und verzweifelte Outlaws handelt, dem zu erlangenen Ruhm abträglich sein könnte. Und außerdem bleibt die Frage: Woran erkennt man Piraten überhaupt? Das Holzbein-und-Papagei-Prinzip missachten die Somalis ja weiterhin hartnäckig. Zugegeben: Wenn ein Motorboot mit lauter mit Kalaschnikows und Panzerfäusten winkenden Männern an Bord auf einen Frachter zurast, kann man davon ausgehen, dass es sich nicht um einen Angelausflug handelt. Diese schnellen Boote sind aber in den paar Minuten, die sie bis zum Zielschiff brauchen, kaum abzufangen; zudem haben sich die Leute bis zum eigentlichen Entervorgang auch noch gar nicht strafbar gemacht - da machen sich TV-Bilder, auf denen eine 500-Millionen-Euro-Fregatte mit Geschützen und schweren MGs diese Nussschalen nebst Insassen quasi präventiv in Stücke zersiebt, vielleicht nicht so gut.

Findige Köpfe haben aber schon eine Lösung parat: An ihren Mutterschiffen sollt ihr sie erkennen! Mutterschiffe müssen versenkt werden, dann gibt's auch keine Probleme mehr mit den kleinen Angriffsbooten. Ein Piratenmutterschiff darf man sich dann wohl so vorstellen wie den Kampfstern Galactica, der statt Raumjägern Plastikboote aussetzt; nur viel kleiner. Oder wie?

Wohl eher nicht. Als "Mutterschiffe" dürften die in dem Gebiet üblichen Dhaus fungieren, und davon karriolen vor den ostafrikanischen und arabischen Küsten hunderte herum. Außerdem Fischerboote, Küstenfrachter und ähnliche Fahrzeuge, von denen jedes einzelne in der Lage ist, ein Motorboot auszusetzen. Also landet man letztlich wieder beim Identifikationsproblem. Gehe zurück auf Start, ziehe keine 3000 Mark ein.

Und vor allem: Schieße nicht auf Fischdampfer. Genau das wird aber wieder passieren, wenn sich das nebulöse Gequake über Mutterschiffe mit dem Schlachtengesang profilneurotischer Unionspolitiker paart. Feuer frei!

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